Welche Phasen und Modelle gibt es im Change Management?

Veränderung: Raupe zu Schmetterling

Warum Modelle im Change Management wichtig sind

Veränderung ist selten planbar und noch seltener geradlinig. Trotzdem folgen erfolgreiche Change-Prozesse einer gewissen inneren Logik: Phasen, in denen sich Wahrnehmung, Akzeptanz und Verhalten verändern. Hier helfen Modelle, Dynamiken zu verstehen. Sie dienen nicht als starres Schema, sondern als Orientierung im Wandel.

Change Management Modelle sind keine theoretischen Konstrukte, sondern Landkarten für die Praxis. Sie zeigen, wo Organisationen gerade stehen, welche nächsten Schritte anstehen und wie Führung, Kommunikation und Beteiligung darauf abgestimmt werden können.

Das 3-Phasen-Modell nach Kurt Lewin (1947)

Der Sozialpsychologe Kurt Lewin gilt als einer der Begründer des modernen Change Managements. Sein Modell beschreibt Veränderung als Prozess in drei aufeinanderfolgenden Phasen:

  1. Auftauen (Unfreeze): Bestehende Routinen und Denkmuster werden aufgebrochen. Ziel ist es, das Bewusstsein für Veränderungsbedarf zu schaffen, oft durch das Erkennen von Problemen, neuen Chancen oder externem Druck.
  1. Verändern (Change): Neue Strukturen, Verhaltensweisen und Einstellungen werden eingeführt. Kommunikation, Beteiligung und Lernen stehen im Vordergrund.
  1. Stabilisieren (Refreeze): Die neuen Praktiken werden verankert, sodass sie Teil der Kultur werden. Das Neue wird zum neuen Normalzustand.

Lewin betonte, dass Veränderung immer ein sozialer Prozess ist – getrieben von Gruppendynamik, Lernen und Führung. Sein Modell bildet die Grundlage vieler moderner Change-Ansätze. In der Praxis bedeutet das: Veränderung gelingt nur, wenn Mitarbeitende verstehen, warum etwas verändert wird, was konkret anders wird und wie sie selbst beitragen können.

Das 8-Stufen-Modell nach John P. Kotter (1996 / 2021)

Der US-amerikanische Harvard-Professor John P. Kotter hat Lewins Grundlagen weiterentwickelt und daraus eines der bekanntesten Frameworks geschaffen. Sein Modell beschreibt acht Stufen, die eine Organisation durchläuft, um Veränderungen erfolgreich zu realisieren:

  1. Ein Gefühl der Dringlichkeit schaffen: Ohne Sense of Urgency fehlt der Antrieb für Wandel.
  2. Ein starkes Führungsteam bilden: Veränderung braucht ein Kernteam mit Glaubwürdigkeit und Einfluss.
  3. Vision und Strategie entwickeln: Eine klare, inspirierende Richtung definiert, worum es geht.
  4. Die Vision kommunizieren: Kontinuierlich, offen und über alle Ebenen hinweg.
  5. Mitarbeitende befähigen und Hindernisse beseitigen: Rahmenbedingungen schaffen, damit Menschen handeln können.
  6. Kurzfristige Erfolge sichtbar machen: Erfolgsmomente motivieren und schaffen Glaubwürdigkeit.
  7. Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen anstossen: Nicht zu früh nachlassen – Momentum nutzen.
  8. Neue Ansätze in der Kultur verankern: Kulturwandel ist das Ziel – nicht nur Prozessveränderung.

Kotter betont: Veränderung ist kein Projekt, sondern ein Führungsprozess. In seiner neueren Forschung (Kotter & Akhtar, 2021) erweitert er das Modell zu einem „dual operating system“: einer Kombination aus hierarchischer Struktur und flexiblem Netzwerk, das Organisationen agiler und innovativer macht.

Das 7-Phasen-Modell der Veränderung nach Kübler-Ross (1969)

Dieses Modell beschreibt die emotionale Kurve der Veränderung, also wie Menschen auf Wandel reagieren. Ursprünglich aus der Trauerforschung stammend, ist es heute Standard im Change Management, um psychologische Reaktionen zu verstehen.

  1. Schock: Überraschung über das Neue – „Das kann doch nicht sein!“
  2. Verneinung: Ablehnung, Rückzug oder Widerstand.
  3. Einsicht: Erste rationale Auseinandersetzung mit dem Neuen.
  4. Akzeptanz: Emotionale Annahme der Situation.
  5. Ausprobieren: Erste Schritte, Lernen durch Erfahrung.
  6. Erkenntnis: Das Neue funktioniert – Selbstvertrauen wächst.
  7. Integration: Das Neue wird selbstverständlich.

Das Modell verdeutlicht: Veränderung ist emotional. Menschen brauchen Zeit, um Altes loszulassen und Neues anzunehmen. Führungskräfte können diesen Prozess unterstützen – durch Zuhören, Transparenz und psychologische Sicherheit (vgl. Edmondson, 2018).

Agile und iterative Modelle

In einer Welt, in der Veränderung nie abgeschlossen ist, stossen klassische Modelle an ihre Grenzen. Deshalb werden sie heute oft durch agile Ansätze ergänzt:

  • Lean Change Management (Anderson, 2013): Veränderung wird in kurzen Zyklen geplant, getestet und angepasst.
  • ADKAR-Modell (Hiatt, 2006): Fokus auf individuelles Verhalten – Awareness, Desire, Knowledge, Ability, Reinforcement.
  • Design Thinking: Veränderung wird nutzerzentriert und experimentell gestaltet.
  • Dual Operating System (Kotter, 2021): Hierarchie + Netzwerk – Stabilität und Innovation zugleich.

Diese Modelle betonen: Veränderung ist kein linearer Prozess, sondern ein permanentes Lernen.

Vergleich der Modelle: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Modell

Fokus

Stärke

Schwäche

Lewin (3 Phasen)

Strukturell-sozial

Einfach, klar, Basis aller anderen

Wirkt linear, begrenzt dynamisch

Kotter (8 Stufen)

Führung & Kommunikation

Praktisch, leicht anwendbar

Aufwand bei komplexen Organisationen

Kübler-Ross (7 Phasen)

Emotionen & Psychologie

Erklärt Widerstand und Akzeptanz

Kein organisationales Design

Agile Modelle

Iteration & Anpassung

Dynamisch, zukunftsorientiert

Erfordert hohe Reife & Kulturwandel

Fazit: Veränderung folgt keinem Rezept, aber Mustern

Modelle geben Struktur, Orientierung und Sprache. Doch erfolgreicher Wandel entsteht dort, wo Theorie und Praxis aufeinandertreffen: wo Führung inspiriert, Mitarbeitende beteiligt werden und Lernen Teil der Kultur ist. In diesem Kontext ist dann das passende Modell zu wählen und bei Bedarf an den Kontext, die Kultur und die Menschen anzupassen. Aus unserer Sicht auf jeden Fall unverzichtbar ist, dass alle verstehen, weshalb die Veränderung notwendig ist und wie sie sich einbringen können. Die Führungskräfte gehen voran, leben die Veränderung und sind Role Models.

Quellen:

  • Lewin, K. (1947): Frontiers in Group Dynamics. Human Relations
  • Kotter, J. P. (1996): Leading Change. Harvard Business Review Press.
  • Kotter, J. P. & Akhtar, S. (2021): Change – How Organizations Achieve Hard-to-Imagine Results. Wiley.
  • Kübler-Ross, E. (1969): On Death and Dying. Macmillan.
  • Hiatt, J. (2006): ADKAR: A Model for Change in Business, Government and Our Community. Prosci Research.
  • Edmondson, A. (2018): The Fearless Organization. Wiley.
Titelseite des Whitepapers "Erfolgsfaktor Change Management"
Unsere Empfehlung

Whitepaper: Erfolgsfaktor Change Management

Veränderung ist kein Projekt, sondern ein Dauerzustand und wer sie nicht gestaltet, wird von ihr gestaltet. Dieses Whitepaper zeigt, warum erfolgreiche Transformation bei Kultur, Mindset und Führung beginnt und wie Change Management zum echten Erfolgsfaktor wird.

Weitere Beiträge